Der Bezirk Reinickendorf wird in den nächsten Jahren einen Aufschwung durch die Großprojekte „The Urban Tech Republic“ und das neue „Schumacher Quartier“ erfahren, die Investitionen von bis zur 8 Mrd. Euro auslösen.
Der Bezirk Reinickendorf ist ein traditioneller Industriestandort, den im 20. Jahrhundert große Namen wie Borsig geprägt haben. Über 9.000 im Bezirk ansässige Unternehmen prägen heute die Qualität des Wirtschaftsstandortes.
Schon im Jahr 2004 wurde Reinickendorf, in einem berlinweiten Wettbewerb von IHK, Handwerkskammer und Tagesspiegel, der Titel “wirtschaftsfreundlichster Bezirk” verliehen.
Die bezirkliche Wirtschaftsförderung dient als Zentrale Anlauf- und Koordinierungsstelle (ZAK) und hat damit auch einen großen Anteil am bisherigen Erfolgskurs der Reinickendorfer Wirtschaft.
Der bisherige Stadtrat für Wirtschaft, Gesundheit und Bürgerdienste, Uwe Brockhausen (SPD), setzt seine Arbeit als neuer Bezirksbürgermeister fort, und wird sich fortan mit dem neuen Bezirksamt auch große Neuansiedlungen schultern müssen. — Wobei auch völlig neue Technologien, Entwicklungslabore und Startups dazu kommen.
Die Besetzung der noch offenen Stadtratspositionen durch die CDU ist dabei die erste zu lösende Schlüsselfrage, die den gesamten Wirtschaftstandort Reinickendorf betrifft.
Eine neue Standorttkampagne soll künftige Firmenansiedlungen unterstützten.
Mit dem Motto „Kurs Nordwest“ startet die neue Standort-Kampagne für den Bezirk Reinickendorf. Ihr Herzstück ist ein 132-seitiges Bezirksporträt, das zeigt, wie viel Spannendes und Neues in Reinickendorf steckt.
Zu den flankierenden Maßnahmen gehören eine Kampagnen-Website, City-Light-Plakate und Merchandising-Artikel.
Das Konzept von „Kurs Nordwest” hat die Werbeagentur unit ZÜRN in Abstimmung mit dem Bezirksamt Reinickendorf entwickelt und am 2. Dezember 2021 im Foyer des Ernst-Reuter-Saals im Rathaus Reinickendorf präsentiert.
Aktive Unterstützung erhielt die Kampagne von 40 Unternehmen, darunter prominente Namen wie Mercedes-Benz, Berliner Volksbank, Vonovia, GESOBAU, Storck, Sawade, MAGO und viele andere. „Diese positive Resonanz übertraf alle unsere Erwartungen“, freut sich der neue Bezirksbürgermeister Uwe Brockhausen (SPD). „Unser Bezirk ist auf dem Weg, eine moderne und attraktive Stadt mit allen Vorzügen des urbanen Lebens zu werden, die alle Herausforderungen der Zukunft nicht nur bewältigen, sondern sogar erfolgreich vorwegnehmen wird.“
Mit attraktiven Wohnlagen wie Frohnau, Hermsdorf sowie Wasserlagen in Heiligensee, Konradshöhe und Tegelort konnte Reinickendorf schon immer punkten.
Mit den geplanten Nachnutzungen des Flughafengeländes Tegel TXL kommen ein moderner Industrie- und Forschungspark, ein Universitätsstandort und ein völlig neues Stadtquartiers am Kurt-Schumacher-Platz dazu.
Die künftigen Erfolge in der Wirtschaftsansiedlung werden nicht nur durch harte „Standortbedingungen“, sondern durch neue Technologien, sinnvolle Wertschöpfungsketten, digitale Vernetzung und Synergien geprägt.
Investitionen in weiche Standortfaktoren und „Work-Life-Balance“ der Unternehmen werden sich noch stärker als bisher auszahlen. Dazu zählt auch eine ausgewogene und finanziell leistbare Kombination von Wohnen und Arbeiten – denn auch hoch qualifizierte Arbeitskräfte achten auf ihre Budgets.
Ansiedlungserfolge werden künftig vor allem daran gemessen, ob sich auch neue Firmenstammsitze mit weltweiten Exportchancen etablieren lassen.
In jedem Fall entstehen viele neue und historisch bedeutsame Chancen für Reinickendorf, um neue Vorbilder für die künftige Stadtentwicklung in ganz Berlin zu schaffen.
Wie weit trägt Wirtschaftsförderung in Berlin mit neuen „Bezirkskampagnen“
Die Himmelsrichtung Nord-West ist aktuell schwer angesagt: „Achse Nord-West: Von Tegel über den Nordwesten Brandenburgs zur Metropolregion Hamburg“ – so lautete auch der Titel des letzten Zukunftsforum Berlin-Brandenburg am 28.11.2021, das die Stiftung Zukunft Berlin veranstaltete. Das Land Brandenburg will auch in seinen nordwestlichen Landkreisen die Wachstumskerne Perleberg, Wittenberge und Karstädt Wachstum fördern und einen Trend nutzen: „„Vier von zehn Berlinern wollen aufs Land ziehen,“ so Annett Jura, Bürgermeisterin der Kreisstadt Perleberg.
„Kurs NordWest“ ist auch die Geschichte von Peter Döbler, der fast auf den Tag genau vor 50 Jahren aus der DDR floh, und gerade erst einen Tatsachenroman veröffentlicht hat – eine zufällige Überschneidung, die aber leider sofort bei Suchmaschinen in den Vordergrund rückt.
Kritisch anzumerken ist eine sich abzeichnende Gesamtentwicklung in der Standortwerbung der Berliner Bezirke, die sich offenbar nicht unter das neue Leitbild Berlins „Vom Ich zum Wir“ einfügen können.
Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf präsentiert sich als „Zukunftsort Südwest“ und sucht noch nach einem Leitbild und einer Standortmarke für Zukunftsregion Berlin-Südwest.
Im Bezirk Spandau wird versucht, das Marketing für den Handel in der Altstadt mit dem Motto „entSpandau – echtes Berlin“ neu zu beleben. Die Wirtschaftsförderung in Tempelhof-Schöneberg versucht sich mit der Grüner Hirsch Zukunfts-Charta Tempelhof-Schöneberg zu profilieren.
Für Außenstehende ist das alles schwer zu verstehen — ob es als Standortwerbung auch so funktioniert, ist schwer zu beantworten. — Schon bei der Übersetzung von „Kurs Nordwest“ in englische Sprache gibt es zwei Möglichkeiten: northwest course (UK) und course northwest (US).
Noch schwieriger: „The Urban Tech Republic“ hat bisher keine eigene Internetseite, sondern ist unter www.berlintxl.de und www.tegelprojekt.de zu finden. Eine im Verzeichnis der OECD-Mitgliedsstaaten gelistete neue Republik ist es auch nicht. Einzig beim neuen „Schumacher Quartier“ ist die stimmige Internetadresse schon gesichert.
Die Wirtschaftsförderung in Berlin droht offenbar in eine Vielzahl von Teilkampagnen zu zerfallen. Angefangen mit Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie GmbH, Wirtschaftsförderung Berlin-Brandenburg und dem Businesslocationcenter bis zu den beiden Landesbanken IBB und ILB und die Ansiedlungsinitiative airport-region.de.
Cornelius Pollmer hatte erst am 6.8.2012 in der Süddeutschen Zeitung gewarnt: „Stadtmarketing:Stadt Land Stuss.“
Es geht auch anders, einfacher: die „London Economic Development Corporation (LEDC)“ wirbt mit einer einzigen Webpräsenz, ganz cool und effektiv für das kanadische London mit 400.000 Einwohnern: „We’ve got it here. London makes the difference.“
Das Beispiel der Tesla-Ansiedlung in Grünheide (Mark), mitten im Wald, zeigt, dass es nicht allein auf Broschüren und Werbung, sondern auf „harte Clustereffekte“ und effektive Standortkommunikation ankommt – nachzulesen bei der Staatskanzlei Brandenburg!
Reinickendorf kann nicht nur mit eigenen Clutereffekten werden, sondern hat auch den Vorteil eines einmaligen, bindestrichfreien Namens, und dazu große Standort- und Fühlungsvorteile, um als Berliner Teil der Entwicklungsachse Berlin-Hamburg Teil einer großen „Entwicklungsachse Nord-West“ zu werden.
Die größte Herausforderung für die Wirtschaftsförderung ist dabei heute, nicht nur den Firmensitz neuer Startups, sondern auch den Wohnsitz der Gründer_innen und Führungskräfte im Rennen um Ansiedlungen im Bezirk anzusiedeln.